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Kilian

Studieren mit motorischer Beeinträchtigung

  • Eingabehilfen
  • Zeitmanagement
  • Erschöpfung
  • Orthesen
Guten Tag, mein Name ist Kilian. Mein Outfit heute ist sehr klassisch: graue Anzughose, hellgraues Hemd und darüber ein blauer Wollpullover. Zu meinem Aktiv-Rollstuhl mit dunkelblauem Metallgestänge trage ich schwarze Brogues. Meine roten Haare trag ich kurz. Meine Augen sind sehr blau und meine Haut sehr hell. Meine rechte Hand hat eine sichtbare Lähmung. Kilian , 21

Über mich

Alter
21 Jahre
Studium
Anglistik
Hobbys
Blog über persönliche Reise-Erfahrungen
Pronomen
Er / ihm
Guten Tag, mein Name ist Kilian. Mein Outfit heute ist sehr klassisch: graue Anzughose, hellgraues Hemd und darüber ein blauer Wollpullover. Zu meinem Aktiv-Rollstuhl mit dunkelblauem Metallgestänge trage ich schwarze Brogues. Meine roten Haare trag ich kurz. Meine Augen sind sehr blau und meine Haut sehr hell. Meine rechte Hand hat eine sichtbare Lähmung. Kilian , 21
Kilian

Hallo und Guten Tag. Mein Name ist Kilian, ich bin 21 Jahre alt und wohne, nicht ganz freiwillig, mit meinen Eltern und vielen Kühen in einem Vorort von Oldenburg. An der Uni Oldenburg studiere ich im 2. Semester Anglistik. Eine brotlose Kunst, aber ich liebe eben Fremdsprachen und Literatur. Gerade arbeite ich mich durch Beowulf und sogar das gefällt mir gut. Wie schon erwähnt, ich wohne nicht ganz freiwillig zu Hause. Aber es gibt nur sehr wenige barrierefreie Appartements vom Studierendenwerk. Da bin ich nun auf der Warteliste für eine rollstuhlgerechte Behausung.

Ach so, ich nutze einen Rollstuhl, Orthesen und noch ein paar andere Geräte aus dem Rehabedarf. Ich habe eine Zerebralparese und dadurch eine Spastik in der rechten Körperhälfte. Eine Zerebralparese ist eine angeborene Beeinträchtigung der Nerven. Die schlägt mir auch auf‘s Gleichgewicht und meinen Orientierungssinn. Kurz gesagt: Meine rechte Körperhälfte macht halt, was sie will – und ich den Rest mit links. Nicht nur in meinem Studium, auch außerhalb interessiere ich mich sehr für Sprachen. Deshalb versuche ich auch oft im Ausland unterwegs zu sein. Meine Trips und Erfahrungen verarbeite ich in einem kleinen Travel-Blog. Da gibt‘s natürlich auch viele Infos zum Thema Reisen mit Mobilitätseinschränkung. Insta hab ich auch und darüber richtig guten Kontakt zu einer internationalen Gruppe anderer travelling crips.

Technologien und Strategien

Eingabehilfen

Die benötigten Hilfsmittel und Strategien, die Personen mit motorischen Beeinträchtigungen nutzen, sind stark von der Ausprägung der Beeinträchtigung abhängig. Bei verschiedenen motorischen Beeinträchtigungen – wie beispielsweise einer Zerebralparese - kommt es zu einer muskulären Spastik, die sich in erhöhter oder unkontrollierbarer Muskelspannung zeigt. Außerdem können verschiedene Bereiche bzw. Extremitäten betroffen sein. Mithilfe von angepassten Tastaturen, Computer-Mäusen und anderen Eingabegeräten sowie speziellen Schreibtischstühlen können Arbeitsplätze so ausgestattet werden, dass die Muskelspannung und chronische Schmerzen reduziert werden.

Energie-Management

Die unkontrollierbaren Anspannungen der Muskulatur verbrauchen sehr viel Energie und sind dadurch häufig sehr ermüdend. Regelmäßige Pausen, Aufteilen von Aufgaben in kleinere „Häppchen“ und ein gutes Energie-Management sind daher wichtige Strategien.

Muskelspannung reduzieren

Um die Muskelspannung und dadurch auftretende Schmerzen zu reduzieren, können eine passende Medikation, Wärme, regelmäßige Physiotherapie und Orthesen helfen.

Zu Hause habe ich einen Trackball und eine Großfeldtastatur. Die sieht halt aus wie für Omas. Aber so schaffe ich es, zuverlässig die richtige Taste zu treffen, was auf einer normalen Tastatur wegen der Spastik eher ein Glücksspiel ist. Häufig nutze ich auch die Spracheingabe. Das geht manchmal einfach schneller - oder auch nicht, je nachdem, was meine Sprachmuskulatur gerade so macht.

Da die Lähmung meiner rechten Körperhälfte nicht zu stark ausgeprägt ist, kann ich kurze Strecken laufen. Ich wackel dabei aber ziemlich viel und laufe mit einem Spitzfuß. Und langsam bin ich auch noch. Laufen ist für mich einfach sehr anstrengend. Wenn ich mich schnell und grazil fortbewegen möchte, nutze ich meinen Aktiv-Rollstuhl – der ist klein und wendig und ich kann ihn mit einem Arm antreiben. Der begleitet mich auch immer an die Uni. Die Leute gucken ganz schön blöd, wenn ich im Rollstuhl irgendwo ankomme und dann laufe. Ich nenne das den Lazarus Effekt. Aber ich habe auch nicht immer Lust zu erklären, warum es manchmal geht und manchmal eben rollt.

Wer einen Rollstuhl nutzt, sieht sich mit baulichen Barrieren konfrontiert, die anderen im Alltag oft nicht einmal auffallen:

Legen Sie Ihren Weg zur und innerhalb der Universität einmal ausschließlich auf rollstuhlgerechten Strecken zurück. Vermeiden Sie vor allem Treppen und nutzen Sie stattdessen Aufzüge oder Rampen, um barrierefrei andere Stockwerke zu erreichen. Achten Sie dabei auch auf hohe Türschwellen und darauf, auf welcher Höhe Alltagsgegenstände angebracht sind. Wo ist eigentlich die nächste barrierefreie Toilette?

Lehrveranstaltungen

Werden Aufzeichnungen von Veranstaltungen online und asynchron zur Verfügung gestellt, ermöglicht das die häufig benötigte Flexibilität und kann so mit regelmäßigen Pausen und medizinisch wichtigen Terminen besser vereinbart werden.

Wenn ich Präsenzveranstaltungen habe, dann fahre ich oft mit einem Taxi an die Uni. Das ist eine Leistung, die ich bekomme, weil wir nicht gut angebunden sind. Mit dem Aufzug, der in der hintersten Ecke des Gebäudes ist, muss ich zur richtigen Etage fahren und dann noch zum richtigen Raum. Für den Aufzug braucht man einen Schlüssel, den muss ich mir immer vom Hausmeister holen. Also ist meine erste Aufgabe, den zu finden. Das kostet Zeit. Und das geht auch nur in Gebäuden, die tatsächlich ansatzweise barrierefrei sind. Andere Gebäude sind für mich einfach nicht zugänglich. Dazu gehören auch Büros von Lehrenden. Wegen des ganzen Hickhacks bin ich schon oft zu spät zu Vorlesungen gekommen. Das ist ganz schön peinlich, weil ich ja zusätzlich noch auf dem Präsentierteller sitzen muss – also in der ersten Reihe, weil da ein Rollstuhlplatz ist. Naja, jetzt kennen mich immerhin alle!

Nicht alle Gebäude und Räume in Universitäten sind barrierefrei zugänglich für Menschen, die einen Rollstuhl nutzen. Ein weitläufiger Campus oder viele Gebäude können für Studierende mit Mobilitätseinschränkungen viel Zeit beanspruchen, sodass ein schneller Raumwechsel kaum möglich ist. Nicht selten erfordert es zusätzliche Unterstützung.

Viele Gebäude und Räume der Uni sind offiziell barrierefrei zugänglich. Das ist aber irgendwie Interpretationssache. Bei uns gibt es zum Beispiel eine Rampe, die so steil ist, dass ich rückwärts runterrollen würde, wenn niemand hinter mir ist. Die Tür zum Gebäude geht dann auch noch nach außen auf.

Unterstützungen für Studierende mit (motorischen) Beeinträchtigungen, die Universitäten bieten, sind häufig nicht bekannt. Mit Übersichten oder Hinweisen zu diesen Angeboten – beispielsweise auf einer Präsentationsfolie zu Beginn des Semesters zusammengefasst – können die Angebote breit kommuniziert und somit bei Bedarf auch genutzt werden.

Das permanente Sitzen im Rollstuhl geht auch mit physischen Belastungen einher:

Zählen Sie einmal, wie oft Sie normalerweise am Tag aufstehen, um sich zu strecken oder kurz zu bewegen. Versuchen Sie dann, dies zu reduzieren und den Tag größtenteils im Sitzen zu verbringen. Beachten Sie, wie sich Ihr Körper dabei anfühlt und welche Unannehmlichkeiten es gibt. Rückenschmerzen sind für Rollstuhlnutzende eine häufige Belastung.

Lernmaterial

Auch hier gilt: Das Bereitstellen von Materialien in mehreren Modalitäten ermöglicht ein Aneignen der Inhalte angepasst auf verschiedene Bedarfe. Da eine konstante Muskelanspannung für den gesamten Körper oder auch die Augenmuskulatur sehr ermüdend sein kann, ist eine auditive Aufnahme manchmal hilfreich. Diese Ermüdung erfordert regelmäßige Pausen – eine asynchrone Beschäftigung mit Lernmaterialien kann helfen, diese Pausen in den Studienalltag einzubauen.

Qualitativ hochwertige Scans von Dokumenten sind gerade bei einer benötigten Vergrößerung sehr wichtig.

Ich gehe sehr gerne in die Bibliothek. Nicht nur zum Lernen, auch einfach um Bücher zu schmökern oder mir Inspiration zu holen. Allerdings kann ich mich nicht nur in den Büchern verlieren – mein Orientierungssinn ist so schlecht, dass ich mich in der großen Bib nicht zurecht finde. Bevor ich, wie Hänsel und Gretel, eine Spur Brotkrumen legen muss, gehe ich lieber mit Freundinnen aus meinem Kurs. Da weiß ich, dass die mich nicht vergessen. Es gibt auch einen Bibliotheksservice - dort kann ich Mitarbeitende fragen, ob sie mir helfen, ein Buch rauszusuchen. Das ist prima, wenn ich einfach nur schnell etwas brauche.

Interaktion und Kommunikation

Motorische Beeinträchtigungen können Lähmungen verschiedenster Muskeln im Körper bedeuten. Es kann also auch die Stimmmuskulatur betroffen sein. Nicht selten wird einer langsameren und verwaschenen Aussprache mit Ungeduld begegnet. Und wird eine Person mit motorischer Beeinträchtigung durch eine Assistenzkraft begleitet und unterstützt, wird diese teilweise als einzige Kommunikationsperson gesehen.

Die Zerebralparese ist mit einer erhöhten Muskelspannung verbunden. Die betrifft auch meine Stimmbänder und daher spreche ich etwas langsamer. Anstrengender ist es auch noch. Manchmal haben es Menschen beim Zuhören eilig. Dann vervollständigen sie schnell meine Sätze oder hören nach zwei Worten direkt weg. Das nervt echt. Und da erwarte ich mehr Geduld und Respekt mir gegenüber.

Manche Menschen mit motorischen Beeinträchtigungen werden durch Assistenzkräfte im Alltag unterstützt. Diese Unterstützung kann im Umfang und in den Aufgaben ganz unterschiedlich ausfallen. Wichtig ist, dass bei der Kommunikation darauf geachtet wird, direkt mit der Person zu sprechen und nicht davon auszugehen, dass die Assistenzkraft die Kommunikation übernimmt.

Ich, Kilian, wollte schon immer mal sagen:

Vorderseite
Ich bin nicht schwer von Begriff!

Prüfungen

Um Prüfungen mit den gleichen Voraussetzungen wie Mitstudierende ohne Beeinträchtigungen ablegen zu können, haben Studierende mit motorischen Beeinträchtigungen ein Anrecht auf einen Nachteilsausgleich. Die benötigten Anpassungen darin können sehr unterschiedlich ausfallen und werden idealerweise mit den Beauftragten für Studierende mit Beeinträchtigungen besprochen und durch das Prüfungsamt genehmigt.

Häufig ist es so, dass die Studierenden selbst dann Kontakt zu den Lehrenden aufnehmen müssen, um diese Anpassungen vor einer Prüfung abzusprechen.

Ich bin schon vor Beginn des Studiums zum Beauftragten für Studierende mit Beeinträchtigungen gegangen. Dort wurde mir gesagt, was ich alles besorgen muss, damit ich accommodations kriege. Ich habe jetzt einen Nachteilsausgleich, der mir eine Zeitverlängerung bei Prüfungen und Abgaben gibt. Ich brauche wegen der Spastik einfach länger zum Schreiben oder Tippen. Und ab und zu muss ich etwas Pause machen, um meine Muskeln zu entspannen. Auch für mündliche Prüfungen oder Referate brauche ich mehr Zeit, da ich langsam spreche. Bisher hat das alles gut geklappt. Was mich allerdings nervt, ist, dass alle Wege bei mir liegen. Ich muss bei jeder Prüfung zum Prüfungsamt. Wenn Räume nicht barrierefrei sind, muss ich das melden.

Mir wurden nicht alle Hilfsmittel, die ich für‘s Studium brauche, sofort oder überhaupt bewilligt. Den Fahrdienst muss ich auch jeden Monat planen und mir einteilen, da der ja nicht unbegrenzt zur Verfügung steht. Die ständige Organisation ist eigentlich ein kompletter Nebenjob, der nicht bezahlt wird. Ich glaube, dass es da einfachere Lösungen gäbe, wenn man wollte.

Der psychische Zustand einer Person kann sich auch auf die Anspannung der Muskulatur auswirken. Aufgeregtsein vor einer Prüfung kann die Spastik der Muskulatur daher verstärken. Eine klare Absprache und Organisation – von barrierefrei zugänglichen Räumen, Betreuung bei Zeitzugabe etc. - vor einer Prüfung helfen, diese vor einer Prüfung herrschende Anspannung nicht noch zu verstärken.

Mein Motto ist: be prepared. So versuche ich im Voraus Stress zu vermeiden. Oder improvisierte Lösungen, die vor allem für mich schlecht sind - und unter Umständen unangenehm oder sogar gefährlich sein könnten. Dazu gehört zum Beispiel, mich in irgendein Gebäude tragen zu wollen.

Fragen an Kilian

Was ist ein No-Go, wenn ich Rollstuhlnutzenden begegne?

Das ist easy: Bitte nicht einfach drauflos schieben! In dem Moment, in dem ich im Rollstuhl sitze, ist dieser sozusagen mein 'Ersatzbein'. Und ich fasse ja auch nicht einfach die Beine einer anderen Person an! Ich freue mich meistens über nett gemeinte Hilfsangebote, aber ich bin auch ein selbstständiger Mensch. Eine kurze Nachfrage kann uns beide vor unangenehmen Situationen bewahren.

Welchen digitalen Barrieren begegnest du?

Klar, wenn man eine Person im Rollstuhl sieht, denkt man erstmal an bauliche Barrieren. Das ist aber nicht alles: Assistive Technologien wie meine Großfeldtastatur ermöglichen zwar grundsätzlich meine Teilhabe am digitalen Leben, aber das geht trotzdem langsamer als bei anderen. Wenn ein Dozent in einer Online Vorlesung beispielsweise wissen will, ob es noch Fragen gibt, brauche ich länger, bis ich den winzigen 'Hand heben'-Button gedrückt habe. Bis dahin hat er die Konferenz womöglich schon beendet.

Selbstcheck Barrierefreiheit

Hier finden Sie eine Checkliste, um zu überprüfen, wie barrierefrei Ihre Lehre bereits ist.

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