Wichtige Begriffe - kurz erklärt
Inhaltsverzeichnis
- 1. Barrierefreiheit
- 2. Digitale Barrierefreiheit
- 3. Assistive Technologien
- 4. Personas
- 5. best3 Studie
- 6. Mehr-Sinne-Prinzip
- 7. OCR
- 8. Universal Design (for learning)
1. Barrierefreiheit
Eine Definition von Barrierefreiheit findet sich in §4 des Behindertengleichstellungsgesetz:
“Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.”
Diese Punkte werden auch vom Hochschulrahmengesetz aufgegriffen. Dort heißt es in §2, Abs 4: „Hochschulen […] tragen dafür Sorge, dass behinderte Studierende in ihrem Studium nicht benachteiligt werden und die Angebote der Hochschule möglichst ohne fremde Hilfe in Anspruch nehmen können.“.
Die Angebote der Hochschule umfassen hier nicht nur die Zugänglichkeit von Gebäuden und Studierbarkeit von einzelnen Studiengängen, sondern alle Angebote der Hochschule wie z.B. Zugang zu Gebäuden, Praktika, Exkursionen, Labore, Sprachkurse und außercurriculare Angebote.
Eine genaue Beschreibung, wie Barrierefreiheit an der Hochschule umgesetzt werden sollte, findet sich in der Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“ der HRK (PDF).
In ihrer Podcast Episode zum Thema Barrierefreiheit erklärt das Team von „die Neue Norm“ den Begriff und die Bedeutung weiter.
2. Digitale Barrierefreiheit
Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass digitale Angebote unabhängig von persönlichen Voraussetzungen genutzt werden können – Webseiten, digitale Veranstaltungen, Dokumente und Anwendungen müssen für alle Menschen gleichermaßen auffindbar, zugänglich und nutzbar sein. Leitfaden zur Digitalen Barrierefreiheit im Hochschulkontext (PDF)
An der Hochschule betrifft digitale Barrierefreiheit die ganze digitale Infrastruktur – dazu gehören Web-Auftritte der gesamten Hochschule, das Intranet, Dokumente, die im Kontext der Lehre oder Verwaltung erstellt und genutzt werden, digitale Services für Mitarbeitende und Studierende, Learning Management Systeme und alle weiteren digitalen Angebote. Da diese Bereiche fast die ganze Hochschule umfassen, ist es auch die Aufgabe aller, für digitale Barrierefreiheit zu sorgen. Die EU-Richtlinie 2016/2102 verpflichtet alle öffentlichen Stellen und damit auch die Hochschulen, ihre digitalen Angebote barrierefrei zugänglich zu machen.
Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) legen fest, welche Kriterien erfüllt sein müssen, damit digitale Inhalte barrierefrei sind. Die Kriterien der Stufe A und AA finden sich auch in der BITV 2.0, die hier in Deutschland gilt und sich in den unterschiedlichen Gesetzen der Länder widerspiegelt. Zentrale Kriterien bei der Umsetzung barrierefreier digitaler Inhalte sind die Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit (hier können Sie mehr über die POUR Prinzipien erfahren: Grundlagen digitaler Barrierefreiheit ). Diese Vorgaben gelten auch für Hochschulen.
Für Dokumente gelten die Kriterien des EN 301 549 Standards, der europaweit gilt. Hier wird unter anderem beschrieben, wie digitale Dokumente aufgebaut sein müssen, damit sie barrierefrei zugänglich sind.
Das SHUFFLE-Forschungsprojekt hat mit dem Materialpaket barrierefreie Lehre einen kostenlosen Moodle-Kurs erstellt, um Lehrende bei der Umsetzung barrierefreier Dokumente zu unterstützen.
3. Assistive Technologien
Unter dem Begriff versteht man Hilfsmittel, die Menschen mit Beeinträchtigungen beim Zugang zu Informationen, digitalen Medien und Kommunikation unterstützen. Diese Technologien werden auch Unterstützungstechnologien genannt.
Assistive Technologien ist ein Sammelbegriff, der vielfältige Tools umfasst, die Menschen mit den unterschiedlichsten Beeinträchtigung unterstützen. Assistive Technologien sollen dabei helfen, bestimmte Beeinträchtigungen auszugleichen, z.B. indem sie visuelle Inhalte vorlesen oder Inhalte mit der Tastatur anstatt mit der Maus angesteuert werden können.
Zu assistiven Technologien gehören sowohl Hardware (z.B. Braillezeilen oder alternative Eingabegeräte), als auch Software (z.B. ScreenReader, Bildschirmlupe oder Spracherkennung). Viele dieser Technologien sind bereits in Betriebssystemen oder Software enthalten, z.B. Spracheingabe, Vorlesefunktionen oder Bildschirmlupen.
Hier wird ein Blindenarbeitsplatz mit unterschiedlichen assistiven Technologien vorgestellt: Der Blindenarbeitsplatz der Zentralen Anlaufstelle der Uni Bielefeld (YouTube)
Damit assistive Technologien erfolgreich genutzt werden können, müssen Webseiten, Apps und Dokumente damit kompatibel sein. ScreenReader können z.B. den Inhalt von Bildern oder Diagrammen lesen, wenn ein Alternativtext hinterlegt ist. Für diese Kompatibilität sind die Autor*innen der Webseiten und Dokumente verantwortlich. Barrierefreiheit muss also von Anfang an berücksichtigt werden, da sie bestimmt, wie eine Webseite codiert und ein Dokument strukturiert/ aufgebaut wird.
4. Personas
Die Persona-Methode wurde 1999 von Alan Cooper entwickelt. Ziel dieser Methode ist es, Modelle von Nutzenden, „die Personen einer spezifischen Zielgruppe mit bestimmten Merkmalen charakterisieren“ (Lepzien et al) zu entwickeln, um sich in diese Zielgruppe hineinversetzen und deren Bedürfnisse und Motivationen verstehen zu können. Personas sind also fiktive Personen, die eine bestimmte Gruppe von Menschen repräsentieren.
Mehr Informationen zu Personas finden Sie hier: Die Persona-Entwicklung im Detail
5. best3 Studie
Die Studie “beeinträchtigt studieren” wird alle 3 Jahre vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) erstellt und gemeinsam mit dem Deutschen Studierendenwerk veröffentlicht. Die Studie gibt einen Einblick über die Situation von Studierenden mit Beeinträchtigungen, die von ihnen erlebten Barrieren im Studium und über die Wirksamkeit und Nützlichkeit von Vorkehrungen wie z.B. Nachteilsausgleichen oder Beratungsangeboten.
best3 ist die dritte Erhebung. Die Daten werden im Rahmen der Sozialerhebung gesammelt. Welche Daten erhoben werden, die Forschungsfragen und die Auswertung sind auf Webseite der Umfrage genau erklärt: Zum Studiendesign der Sozialerhebung
Die Studie zeigt, dass insgesamt 16% der Studierenden eine studienerschwerende Beeinträchtigung haben – das ist fast jede*r sechste Studierende.
Zu den Ergebnisse der best3 Studie
6. Mehr-Sinne-Prinzip
Das Mehr-Sinne-Prinzip ist ein Grundprinzip der barrierefreien Gestaltung. Es besagt, dass mindestens zwei der drei Sinne (Hören, Sehen, Fühlen) angesprochen werden sollen, um Informationen zu übermitteln.
Das Mehr-Sinne-Prinzip ist zentral, wenn Inhalte für Menschen mit Sinnesbehinderungen (z.B. Hörbehinderungen oder Sehbeeinträchtigungen) zugänglich sein sollen.
Einige Beispiele der Umsetzung sind:
- Untertitel, die gesprochene Sprache verschriftlichen, so dass man sie visuell aufnehmen kann
- Alternativtexte für Bilder, die von einem Screenreader vorgelesenen werden. So kann die visuelle Information gehört werden
- Audio-Deskription von Handlungen in einem Video, die so gehört werden können
- Ein Transkript für eine Podcast. Die Inhalte können so visuell wahrgenommen werden.
- Gebärdensprachdolmetscher*innen oder Schriftdolmetscher*innen, die das Gesprochene in eine andere Modalität übersetzen
Eine Gestaltung nach dem Mehr-Sinne-Prinzip sorgt einerseits dafür, dass Personen mit Sinnesbeeinträchtigungen Informationen gleichwertig wahrnehmen können. Zusätzlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass Informationen aufgenommen und verstanden werden, deutlich höher, je mehr Sinne bei der wahrnehmenden Person angesprochen werden.
7. OCR
OCR ist die Abkürzung für Optical Character Recognition. Zu diesem Inhaltstyp gehören Dokumente, die abfotografiert oder eingescannt und dann als PDF gespeichert wurden. Oft werden diese Dateien als Bild abgespeichert, was bedeutet, dass sie nicht maschinenlesbar und somit nicht barrierefrei sind. Ein Screenreader kann solche Dokumente nicht vorlesen.
Mit Hilfe von OCR kann der Text in solchen Dokumenten erkannt werden. Dieser Text ist dann maschinenlesbar. Leider klappt das aber nicht immer reibungslos und ist sehr stark von der Qualität und Auflösung der Scans oder Fotos abhängig. Einige Hochschulen haben spezielle hochauflösende OCR Scanner, die eine gute Texterkennung ermöglichen. Diese finden Sie in der Bibliothek oder bei einem Umsetzungsdienst.
Wenn es Alternativen gibt, z.B. das Dokument als Text oder strukturiertes Dokument zu speichern, sollten diese immer genutzt werden.
Mehr Informationen zu Dokumenten in Lehrkontexten finden Sie in der Handreichung des BFIT Bund Barrierefreie Dokumente in Lernkontexten (PDF)
8. Universal Design (for learning)
Ziel von Universal Design ist es, Produkte, Gebäude und Dienstleistungen so zu gestalten, dass sie von möglichst vielen Menschen ohne Anpassungen oder Spezialisierungen genutzt werden können. Ursprünglich kommt das Designkonzept aus der Architektur. Mittlerweile ist es jedoch auf fast alle Design-Bereiche angewendet worden.
Universal Design denkt die Bandbreite an menschlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten direkt von Anfang an mit. Zum Beispiel wird beim Entwurf von Gebäuden direkt geplant, wie Menschen mit Mobilitätseinschränkungen das Gebäude nutzen können. Aufzüge, Rampen, automatische Türen und barrierefreie Toiletten werden direkt eingeplant und finden sich an sinnvollen Stellen wieder. Aufwändige Nachrüstungen entfallen so und das Gebäude kann von allen gleichwertig und zweckmäßig genutzt werden. Mittlerweile sind solche Vorkehrung beim Bau von öffentlichen Gebäuden Standard.
Wichtig ist auch zu verstehen, dass diese Anpassungen nicht nur Menschen mit Behinderung zu Gute kommen. Über eine Rampe freut sich auch jemand, der ein schweres Paket trägt, der Aufzug wird auch von Senior*innen oder Personen mit Kinderwagen gern genutzt. Ein zentrales Argument von Universal Design ist, dass Orte, Produkte oder Dienstleistungen, die unterschiedliche menschliche Bedarfe berücksichtigen, von allen Menschen lieber genutzt werden.
Universal Design kann aber auch auf den Kontext (Hochschul-)Lehre angewendet werden. Auch hier gilt das gleiche Prinzip: Wir wollen eine Hochschullehre, an der möglichst viele unterschiedliche Menschen erfolgreich lernen und lehren können. Universal Design for Learning nutzt 9 Guidelines, um Lernumgebungen und Lernaktivitäten an die Bedarfe von vielen Lernenden anzupassen. Dazu gehört zum Beispiel, dass unterschiedliche Sinne angesprochen werden, Lernende sich auf unterschiedliche Arten beteiligen können, oder auch gelehrt wird, wie man lernt und sich selbst organisiert.
Die Bedarfe von Studierenden mit Beeinträchtigung werden im Universal Design von Anfang an berücksichtigt – zum Beispiel werden Dokumente barrierefrei aufbereitet, Fachbegriffe erklärt oder unterschiedliche Zugänge zu Inhalten bereit gestellt. Dieses Vorgehen sorgt dafür, dass aufwändige Nachbesserungen weniger werden und ermöglicht allen Studierenden, das Lernen nach ihren Bedarfen und Vorlieben zu gestalten.
Auf "das große Ganze" haben wir den UDL-Ansatz noch einmal veranschaulicht.
Die Guidelines des Universal Design for Learning werden hier erklärt: The UDL Guidelines
Oder in diesem kurzen Video aus dem SHUFFLE Projekt: Lernen für Alle - Barrierefreie Einführung in das Universal Design for Learning auf Deutsch (YouTube)
Quelle:
- Lepzien, Josefine/Lewerenz, Michael (2017): Persona Methode. Eine Illustrierung von Bildungsbedarfen. In: Team der Wissenschaftlichen Weiterbildung der Universität Rostock: Weiterbildungsmanagement professionalisieren. Rostock: Universität Rostock, S. 22-31.